Wehret den Anfängen!

Diese Aufforderung, gefährlichen Entwicklungen rechtzeitig entgegenzuwirken oder sie zu stoppen, begleitet unsere Demokratie und unsere Bundesrepublik seit ihrer Gründung.

Wehret den Anfängen *) mahnt uns auch heute wachsam zu sein und rechtzeitig gegen die Feinde der parlamentarischen Demokratie in Deutschland und Europa aktiv zu werden. In Wort und Tat, bevor es zu spät ist.


"Lernen Sie miteinander zu leben"

Bundespräsident Richard von Weizsäcker hatte am 8. Mai 1985 mit eindringlichen Worten die Menschen in Deutschland zu einem MITEINANDER in der Gesellschaft aufgerufen. Die Worte seiner berühmt gewordenen Rede zum 40. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges gelten auch heute noch uneingeschränkt weiter. Nachfolgend ein sehr wichtiges Zitat aus dieser Rede:



Kalligrafie: Professor Werner Eikel · Aachen · Bergmoser + Höller Verlag · Aachen · 1997


*) „Wehre den Anfängen! Zu spät wird die Medizin bereitet, wenn die Übel durch langes Zögern erstarkt sind.“ („Principiis obsta. Sero medicina parata, cum mala per longas convaluere moras.") 

So lautet das vollständige Zitat des römischen Dichters Ovid (Publius Ovidius Naso, * 43 v. Chr., † 18 n. Chr.). Daraus wurde die heute bekannte Aufforderung "Wehret den Anfängen!" entliehen, mit der gefährliche Entwicklungen rechtzeitig gestoppt werden sollen. Heute findet sich dieser Satz hauptsächlich im politischen, sozialen und moralischen Bereich.



Aus aktuellem Anlass:


 

(Bild: „Reichsadler 1888“ von David Liuzzo)


 

Zusammengestellt im August 2020 von Hans Werner Büchel


Die allerjüngsten Aktionen rechtsgesinnter Gruppierungen während der sog. Anti-Corona-Demonstrationen in Berlin im August 2020 brachten Flaggen in die Öffentlichkeit, die man als normaler Bundesbürger bisher in Museen oder geschichtlichen Sammlungen wähnte. Vor allem beim versuchten Eindringen in das Reichstagsgebäude am 29. August wurden alte Reichsflaggen und Reichskriegsflaggen zur Schau gestellt, die klar und eindeutig die Gesinnung ihrer Benutzer erkennen lassen.



Ein erschreckendes und zutiefst unwürdiges Schauspiel vollzog sich am 29. August 2020, als Demonstranten mit Reichsflaggen versuchten, in den Reichstag einzudringen.

 

Die Verwendung dieser Fahnen deutet auf eine massenhafte gewerbsmäßige Produktion in jüngster Zeit für geplante und gezielte Verwendungen bei Demonstrationen hin. Die starke Verbreitung in Wort und Bild durch die Medien verunsichert viele Bundesbürger und weckt ein völlig verzerrtes Bild von der geschichtlichen Bedeutung der Flaggen bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Daher erfolgt an dieser Stelle eine Darstellung der Flaggen in den Farben unserer Bundesrepublik und eine kleine Flaggenkunde zu den alten Symbolen längst vergangener Zeiten.

Unsere Farben sind Schwarz-Rot-Gold

Die Verkündung des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 und seine Inkraftsetzung am Folgetag, an die bis heute am Verfassungstag durch eine bundeseinheitliche Beflaggung an allen öffentlichen Gebäuden erinnert wird, war eine Zäsur in der deutschen Geschichte. An diesem Tag endete die alte Zeit, mit der Tod und Verderben bringenden NS-Diktatur als ihrem traurigem Schlusspunkt. An diesem Tag begann jedoch zugleich eine neue Zeit. Ein ganz neues Deutschland entstand aus den Trümmern der alten Zeit. Ein Deutschland, das zunächst vier Jahrzehnte zweigeteilt getrennte Wege ging, bevor die friedliche Revolution des Jahres 1989 ohne Blutvergießen den Weg zur Wiedervereinigung ebnete. Krönender Abschluss dieser ersten unblutigen Revolution auf deutschem Boden war der Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 1990.

 

Seit diesem Tag steht auf dem Platz der Republik vor dem Berliner Reichstag, dem Sitz des Deutschen Parlaments, das Denkmal zur Wiedervereinigung. Es ist die Bundesflagge in den Farben Schwarz-Rot-Gold, mit sechzig Quadratmetern zugleich die größte offizielle Flagge der Bundesrepublik Deutschland. Diese Fahne ist das unverkennbare Symbol unseres Staates und unserer parlamentarischen Demokratie. Ihre Farben Schwarz-Rot-Gold sind die unverkennbaren Symbole für Einigkeit und Recht und Freiheit.


(Bild: Berthold Werner)


Deutscher Bund (1815-1866)


Während der Periode des Deutschen Bundes von 1815 bis 1866 etablierten sich die Farben Schwarz, Rot und Gold und setzten sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts als deutsche Nationalfarben durch. Am 9. März 1848 nahm der in der Frankfurter Paulskirche tagende Bundestag des Deutschen Bundes diese Farben offiziell an und legte die Flagge mit den waagerechten Farben Schwarz-Rot-Gold fest.

 

Links: Flagge des Deutschen Bundes seit 1848; Rechts: Seekriegsflagge der Reichsflotte (1848-1852)


Am 13. November 1848 beschloss die Frankfurter Nationalversamm-lung ein Reichsgesetz zur Einführung einer deutschen Kriegs- und Handelsflagge, wobei Schwarz-Rot-Gold auch die Farben der Reichs-flotte wurden. 


Ursprünge der Flaggenfarben „Schwarz-Weiß-Rot“

Diese Flagge mit den drei waagerechten, gleich breiten Streifen war bereits von 1867 bis 1871 die Kriegsflagge und zugleich Handelsflagge des Norddeutschen Bundes. Ab 1871 wurde sie zur Flagge des neugegründeten Deutschen Reiches (seit 1892 offizielle Nationalflagge) und blieb es bis zum Ende dieses Kaiserreichs im Jahre 1919.

 

Links: Reichsfahne des 12. Jh; Mitte: Stammwappen der Hohenzollern; Rechts: Flagge des Deutschen Reichs ab 1871


Die Farben Schwarz-Weiß-Rot gehen auf zwei Ursprünge zurück. Die Kombination Weiß-Rot, die in der Heraldik ohnehin weit verbreitet ist, taucht erstmals als Reichsfahne des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im 12. Jahrhundert auf. Die Kombination Weiß-Schwarz ist eng mit der Geschichte Preußens verbunden. Die Ursprünge gehen sowohl auf den Deutschen Orden zurück, der ein weißes Schild mit einem schwarzen Kreuz führte, als auch auf die Familie der Hohenzollern. Diese später in Brandenburg und Preußen als Herrscher auftretende Dynastie hatte als Stammwappen einen Schild „von weiß und schwarz geviert“.


Norddeutscher Bund (1867-1871)


Im Jahre 1866 wurde unter Führung Preußens aus 22 norddeutschen Staaten der Norddeutsche Bund gebildet. Die Verfassung dieses Bundesstaates trat am 1. Juli 1867 in Kraft und bestimmte in Artikel 55: „Die Flagge der Kriegs- und Handelsmarine ist schwarz-weiß-rot.“ Die Kriegsflagge wurde danach abgeändert zur später so genannten „Reichskriegsflagge“.


Deutsches Kaiserreich (1871-1918)


Auch nach der Entstehung des Deutsches Reichs 1871 schrieb die Verfassung dieselben Farben vor, aber erst am 8. November 1892 wurde die schwarz-weiß-rote Fahne zur offiziellen Reichsflagge.

 

 

Links: Reichsflagge (1867-1919); Mitte:Wappen des Deutschen Reiches (1889); Rechts: Reichskriegsflagge (1903-1919)


(Bild: „Reichsadler 1888“ von David Liuzzo)


Weimarer Republik (1919-1933)

Mit der Ausrufung der Republik endete am 9. November 1918 das Kaiserreich. Nach der Wahl zur Deutschen Nationalversammlung wurde im Februar 1919 eine neue, demokratisch legitimierte Regierung errichtet. In der Weimarer Nationalversammlung diskutierten die Abgeordneten auch über die Frage der neuen Reichsfarben. Die Mehrheit aus Sozialdemokraten, Katholiken und Linksliberalen favorisierte die Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold. Damit wollten sie bewußt eine Anknüpfung an die Deutsche Revolution 1848/1849 und die Frankfurter Nationalversammlung verbinden.


 

Weimarer Republik: Oben links: Staatsflagge; Oben Mitte: Handelsflagge;Oben rechts: Kriegsflagge;
Unten Mitte: Staatswappen


(Bild „Wappen Weimarer Republik 1919-1933“ von David Liuzzo nach dem Originalentwurf von Emil Doepler 1919)


Es gab aber auch Gegenströmungen aus bürgerlichen Nationalliberalen und Teilen der liberalen DDP und des katholischen Zentrums, die an den alten Farben festhielten. Dies führte zu Kompromisslösungen: So wurde nach dem Beschluss der Weimarer Nationalversammlung vom 3. Juli 1919 die Nationalflagge des Deutschen Reichs „Schwarz-Rot-Gold“. Als Handelsflagge wurde jedoch Schwarz-Weiß-Rot mit den Reichsfarben (Schwarz-Rot-Gold) in der oberen inneren Ecke (sog. Gösch) bestimmt. In ähnlicher Weise verfuhr man mit der sog. „Reichskriegsflagge“, bei der man sich 1920 auf den schwarz-rot-goldenen Gösch entschied.


NS-Diktatur (1933-1945)

Schon seit ihrer Gründerzeit hatte die NS-Bewegung ihre eigenen Symbole zur Schau gestellt. Zentrales Zeichen war dabei das „Hakenkreuz“, das aus der Swastika hervorging, einem in fernöstlichen Religionen verwendeten religiösen Glückszeichen, das aber auch schon in verschiedenen Kulturen des Altertums entdeckt wurde. Bewusst gegen die schwarz-rot-goldenen Farben der Weimarer Republik, aber auch gegen die schwarz-rot-goldenen Freiheitsbewegungen des 19. Jahrhundert gerichtet wählten die NS-Propagandisten von Anbeginn an die Farben Schwarz-Weiß-Rot, die politisch auch für das vormalige Großmachtstreben und den Expansionsdrang des Deutschen Reiches gestanden hatten. Die alte Reichsflagge diente nach der Machtübernahme der Nazis von 1933 bis 1935 als sog. „Reichsdienstflagge“, danach beherrschte nur noch die Hakenkreuzfahne in den Farben Schwarz, Weiß und Rot das öffentliche Bild.

 

NS-Diktatur: Links: Reichsdienstfahne (1933-1935);

 Rechts: Hakenkreuzfahne *) ( 1933-1945)


*) Rechtlicher Hinweis:

Gemäß § 86 (3) Strafgesetzbuch dient die Abbildung verfassungsfeindlicher Propagandamittel (hier: Abbildung der Hakenkreuzfahne) der staatsbürger-lichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen sowie der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte.


Deutsche Demokratische Republik (1949-1990)

Während der Zeit der Spaltung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg führte auch die DDR von 1949 bis 1990 die Farben Schwarz-Rot-Gold in ihren Flaggen und offiziellen Staatssymbolen. Sie verloren ihre Gültigkeit mit dem Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober 1990.

Hier eine Auswahl:

 

OBEN: Links: Flagge der DDR von 1949-1959; Mitte: Staatsflagge der DDR bis 3. Oktober 1990; Rechts: Staatswappen der DDR.
UNTEN: Links: Standarte des Staatsratsvorsitzenden 1960-1990; Mitte: Dienstflagge der Nationalen Volksarmee; Rechts: Dienstflagge der Grenztruppen.


Gesamtdeutsche Olympiamannschaften


Als gesamtdeutsche Mannschaft nahmen Sportler aus der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik sowie 1956 aus dem Saarland an jeweils drei Olympischen Winter- und Sommerspielen teil: 1956 in Cortina d’Ampezzo und Melbourne, 1960 in Squaw Valley und Rom sowie 1964 in Innsbruck und Tokio.


Gesamtdeutsche Olympiaflagge

Während die Olympiaflagge der gesamtdeutschen Mannschaft von 1956 noch aus der einfachen Trikolore Schwarz-Rot-Gold bestand, traten die gesamtdeutschen Mannschaften von 1960 und 1964 sowie beide deutschen Mannschaften 1968 unter der Olympiaflagge mit den fünf weißen Ringen an.


Bundesrepublik Deutschland (seit 1949)

Nachfolgend eine Auswahl der aktuellen Flaggen und Wappen in den Farben Schwarz-Rot-Gold, die seit Inkrafttreten des Grundgesetzes die Farben der Bundesrepublik Deutschland waren und die seit dem Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 die Nationalfarben des wiedervereinigten Deutschlands sind.


 Links: Bundesflagge; Mitte: Bundeswappen; Rechts: Bundesdienstflagge


Neben Flaggen gibt es auch eine Reihe von Standarten für die Dienstfahrzeuge der Repräsentanten des Staates. Hier zwei Beispiele:

 

Links: Standarte des Bundespräsidenten; Rechts: Standarte des Generalinspekteurs der Bundeswehr


 

Dienstflagge der Seestreitkräfte der Bundeswehr

Dienstflagge der Seestreitkräfte der Bundeswehr

 

Eine "Reichskriegsflagge" oder "Seekriegs-flagge" kennt die Bundesrepublik nicht mehr. Die Bundesmarine führt auf ihren Schiffen heute eine Dienstflagge der Seestreitkräfte der Bundeswehr.


 

Statt als Flagge wird die Deutschlandfahne bisweilen auch als Banner verwendet. Hier zwei Beispiele:

Links: National- und Handelsflagge als Banner; Rechts: Bundesdienstflagge als Banner


Die Bundesländer Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Saarland führen ebenfalls die Farben Schwarz-Rot-Gold in ihren Landesflaggen.


Und nicht zuletzt: Es trägt ein friedliches Bild in die Welt hinaus, wenn deutsche Fans mit schwarz-rot-goldenen Fahnen bei großen Sportveranstaltungen - wie hier bei der Fußball-WM 2006 - ihre Mannschaften feiern. Dies soll auch in Zukunft so bleiben.


Fans bei der Fußball-WM 2006

(Bild: Arne Müseler)


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