Die Anlage des jüdischen Friedhofs in Ottweiler
Der Text wurde dem Buch „Der Jüdische Friedhof Ottweiler“ von Hans-Joachim Hoffmann (Ottweiler, Februar 2015) entnommen und in leicht veränderter Form wiedergegeben.
Die jüdischen Einwohner von Ottweiler, die sich als Gemeinde ab etwa 1870 entwickelten, bestatteten ihre Toten bis zum Jahr 1843 auf dem israelitischen Friedhof in Illingen; in gleicher Weise handhabten es die Neunkircher Juden. Mit Schreiben vom 23. Mai 1841 an die jüdische Gemeinde Ottweiler ordnete Landrat Carl von Rohr (Amtszeit 1825-1842) die Errichtung eines eigenen Friedhofs an, weil es „höchst unpassend und polizeiwidrig ist, die Leichen auf einer Strecke von fast 1½ Meilen weit auf einer stets besuchten Straße wie der Kreisstraße nach Illingen ist, zu transportieren, was besonders in dem Falle, wie es öfters geschehen, daß Blut von den Leichen abgeht, und so die ganze Straße besudelt wird, oder wenn die zu beerdigenden Personen an einer unbekannten Krankheit gestorben sind, von großer Erheblichkeit ist, veranlaßt mich anzuordnen: daß die hiesige Judengemeinde einen Begräbnisplatz in gesetzlicher Lage und Größe auf der hiesigen Gemarkung innerhalb Jahresfrist anzulegen hat. Sie wollen sofort die Vorsteher dieser Gemeinde hiervon in Kenntnis setzen und sie auffordern innerhalb 4 Wochen Ihnen einen geeigneten Begräbnisplatz vorzuschlagen, sowie in gesetzlicher Art wegen Ermittlung der nöthigen Kosten Ihnen ein Gutachten abzugeben, wie dieses sodann von der Schaffnerei zu prüfen, und mit deren Beschluß mir vorzulegen ist. Die Judengemeinde in Illingen werde ich von dieser Anordnung in Kenntnis setzen …“ Am 1. Oktober 1842 wurde Carl von Rohr als Landrat suspendiert, Regierungsassessor Linz übernahm als „landräthlicher Commissarius“ (Hansen) die Verwaltung des Kreises Ottweiler.
Am 23. Mai 1842 unterrichtete Bürgermeister Johann Peter Sprenger (Amtszeit 1822-1849) die israelitische Gemeinde Ottweiler über eine Mitteilung seines Illinger Amtskollegen, dass „nicht mehr gestattet werde, dass die israelitischen Leichen aus Ottweiler auf dem hiesigen israelitischen Begräbnisorte beerdigt werden.“
Daraufhin erteilte die Stadt Ottweiler am 14. November 1842 „aufgrund unserer gemeinschaftlichen Landbesichtigung (…) der hiesigen israelitischen Gemeinde hiermit die polizeiliche Erlaubniß zur Errichtung und Benutzung als Kirchhof, des um ihn zu diesem Behufe anzukaufen, auf dem sogenannten Burg gelegenen Platzes. Wegen vorschußweiser Berichtigung eines Theiles der Ankaufkosten aus den Kassensteuern der Bürgermeisterei Ottweiler habe ich höheren Ortes die erforderliche Autorisation nachgesucht.“
Lageplan des heutigen Jüdischen Friedhofs im Wohngebiet "Auf´m Burg". Zur Zeit seiner Errichtung im 19. Jahrhundert lag der Begräbnisplatz etwa 1 km vor der Ottweiler Stadtgrenze. (Pläne Stadt Ottweiler, Friedhofsamt)
Mit der Errichtung der Umfassungsmauern des jüdischen Friedhofs wurde der Ottweiler Maurermeister Joseph Lerch beauftragt. Zur Übernahme der Kosten hierfür verpflichteten sich: die Witwe Weiler, David Levy, David Kahn, Joseph Weiler und Emmanuel Coblenz.
Das Gelände für die Begräbnisstätte wurde gekauft und nicht gepachtet. Das ergab sich aus der Vorstellung des Judentums vom Friedhof als „Haus der Ewigkeit“ und „Haus des Lebens“. Demnach war und bleibt die vornehmste Aufgabe des jüdischen Friedhofs, einer jeden und einem jeden Verstorbenen das individuelle Grab dauerhaft, ohne jede zeitliche Begrenzung zu bewahren. Diese Unverletzbarkeit des Grabes, die jüdisch absolut zu sehen ist, unterscheidet jüdische Friedhöfe von nichtjüdischen, christlichen, bei denen die Belegung zeitlich begrenzt ist.
Belegungsplan des jüdischen Friedhofs. Gräber mit Einfriedung sind rot gezeichet. Die grünen Kreise sind Standorte von ein- und mehrwüchsigen Bäumen. (Karthografische Aufnahme von Werner Butz und Hans-Joachim Hoffmann im September 2010. Zeichnung: Dezember 2025 von Hans Werner Büchel nach der Kartografie von Werner Butz)
Die in einer klaren Reihenstruktur ausgerichteten Gräber zeigen nach Osten, also in Richtung Jerusalem. Die erhaltenen Grabsteine lassen das Bemühen erkennen, Familienmitglieder nebeneinander zu bestatten; ebenso erkennt man eine chronologische Gliederung.
Im 19. Jahrhundert lag der jüdische Friedhof weit außerhalb der Ottweiler Stadtgrenze. Dies hat er mit allen jüdischen Friedhöfen gemein, bedingt durch die „Vorstellung, dass der Tote ,rituelle Verunreinigung´ über die bringt, die sich mit ihm unter einem Dach befinden und beschäftigen“.
Im Zusammenhang mit den reichsweiten Pogromen gegen die Juden wurde der jüdische Friedhof Ottweiler 1938 verwüstet. Im Jahr 1945 wiederhergestellt, steht er heute unter Denkmalschutz. Auf dem Begräbnisplatz sind 80 Grabstätten erhalten, die älteste unter ihnen ist die von Aaron Kahn, der am 12. Januar 1856 bestattet wurde.
Wird fortgesetzt. 14.12.2025 hwb


