Stolpersteine in Ottweiler
6. Verlegeaktion am 13. November 2025
Zur sechsten Verlegung von Stolpersteinen lud die Stadt Ottweiler am 13. November 2025 in die Ottweiler Altstadt ein. Vor den letzten Wohnstädten der aus politischen Gründen verfolgten Familien Pabst, Weirich, Fauß und Schlosser wurden mit insgesamt 13 Stolpersteinen an ihr Schicksal erinnert.
Die Gedenkveranstaltung fand auch in diesem Jahr eine erfreulich große Resonnanz. Unter den zahlreichen Teilnehmern war eine große Gruppe von Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums Ottweiler und der Gemeinschaftsschule Anton Hansen, die sich zusammen mit ihren Lehreinnen und Lehrern aktiv am Gedenken beteiligten, indem sie Lebensdaten und Schicksale der Familien schilderten.
Die Stadt Ottweiler hatte durch die Mitarbeiter des Bauhofs die Steine verlegen lassen, die ausschließlich aus Spenden finanziert wurden.
Die Familie Papbst, Goethestraße 13
Ernst Pabst (*1878 in Ottweiler) heiratete im Jahr 1906 Charlotte Maria Presser (*1878). Aus dieser Ehe gingen vier Kinder hervor, für die vor dem Eingang zum Haus in der Goethestraße 13 bereits Stolpersteine verlegt wurden. Otto, der am 25. Dezember 1911 geborene älteste Sohn, wurde am 23. Dezember 1943 im KZ Auschwitz ermordet.
Die Familie Pabst war kommunistisch geprägt, wurde deshalb vom Nazi-Regime politisch verfolgt und emigrierte nach der Angliederung des Saargebietes an das Deutsche Reich 1935 nach Frankreich. Bereits im Frühjahr 1941 kehrten sie wieder nach Ottweiler zurück. Was veranlasste die Familie zur Rückkehr? Zuallererst die Verhaftung ihres Sohnes Otto wegen kommunistischer Umtriebe, aber auch die Schwangerschaft ihrer Tochter Berta sowie die ihrer Schwiegertochter. Um ihnen besser beistehen zu können, entschloss sich die Familie zur Rückkehr.
Am 21. März 1941 wurden Ernst Papst und sein Sohn Kurt an der Grenze verhaftet und am 28. April wieder entlassen. Während Ernst Papst nur kurzzeitig in Haft blieb, wurde sein Sohn Kurt zunächst in das KZ Dachau, später in das KZ Mauthausen überstellt, wo er bis zur Befreiung am 8. Mai 1945 als „politischer Schutzhäftling“ verblieb. Im Juni 1946 kehrte er nach Ottweiler zurück.
Nach der Rückkehr aus der Emigration in Frankreich war das Leben der Familie Papst stark von den Erfahrungen der Verfolgung und des Widerstands geprägt. Die Familie hielt fest zusammen und versuchte, sich ein neues Leben auszubauen und die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Ernst und Charlotte Papst erhielten Entschädigungen für Haft und Eigentumsverluste.
Die Familie Weirich, Tenschstraße 15
Adolf Weirich (* 27. September 1893) wurde am 12. Februar 1944 im KZ Buchenwald ermordet. Seine Frau Rosa (20. Februar 1889) starb am 18. August 1883. Der 1928 geborene Sohn Waldemar starb am 24. Januar 1945.
Nach der Angliederung des Saargebiets an das nationalsozialistische Deutschland emigrierte die Familie Weirich aufgrund ihrer kommunistischen Prägung und Mitgliedschaft im Jahr 1935 nach Frankreich und lebte dort in verschiedenen Flüchtlingslagern.
Auf Veranlassung der Polizeibehörde Saarbrücken in Frankreich wurde Adolf Weirich 1941 verhaftet und mit seiner Familie nach Saarbrücken transportiert. Rosa Weirich durfte mit Sohn Waldemar nach Ottweiler zurückkehren, wo Waldemar dann keine vier Jahre später verstarb.
Für Adolf Weirich hingegen wurde „Schutzhaft“ angeordnet, weshalb er zunächst ins KZ Dachau und schließlich ins KZ Buchenwald überstellt wurde. Am 13. Februar 1944 starb er dort angeblich an den Folgen einer Lungenentzündung und wurde eingeäschert. Auf dem Eintrag in der Geburtsurkunde wurde als Sterbeort „Weimar“ angegeben, ohne jeglichen Hinweis auf das Konzentrationslager.
Rosa Weirich wurde als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt. Aufgrund von Emigration und Haft ihres Mannes wurden ihr Haftentschädigung, Hinterbliebenenrente und Leistungen wegen Eigentumsverlust zugesprochen.
Die Familie Fauß, Tenschstraße 4
Im Jahr 1923 heirateten Emma Fauß (*1903 in Ottweiler) und Karl Alfred Fauß (*1902 in Kübelberg). Sie bekamen zwei Kinder: Erwin (*1924) und Gerd (*1928).
Emma war Mitglied der Kommunistischen Partei und Vertreterin der örtlichen „Roten Hilfe“, die politische Verfolgten und deren Familien juristische und materiellen Unterstützung bot. Emma Fauß beteiligte sich 1934 an der 2. Saarländischen Thälmann-Delegation, um den inhaftierten KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann im Gefängnis Berlin-Moabit zu besuchen. Sie wurde aber mit der gesamten Delegation festgenommen und als feindliche Ausländerin abgeschoben.
Nach der saarländischen Volksabstimmung 1935 floh die Familie Fauß nach Frankreich, lebte dort unter sehr schweren Bedingungen, blieb aber im Widerstand aktiv. Alfred Fauß schloss sich der Résistance an.
Am 15. September 1945 kehrte die Familie aus Frankreich zurück und war seit dem 25. September 1945 wieder offiziell in Ottweiler gemeldet. Die Familie durchlief, zunächst bei den saarländischen, später bundesdeutschen Behörden ein sehr schwieriges und belastendes Entschädigungsverfahren, bei dem nicht allen Anträgen stattgegeben wurde.
Die Familie Schlosser, Rathausplatz 8
Heinrich Schlosser (*1886, † 25. November 1974) heiratete im Jahr 1920 Lydia Sohni (*1897 in Schwollen, † 4, August 1988). Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor: Fritz Schloßer (*1921), Dora (*1922) und Erna (*1925)
Vor 1935 gehörten beide Eltern der Kommunistischen Partei an. Politisch aktiv war vor allem Lydia Schlosser, die im Februar 1934 verbotenerweise an eine Demonstration in Neunkirchen teilnahm, bei der sie verhaftet wurde. Als zweite Frau der Ottweiler Stadtverordnetenversammlung trat sie ihr Mandat im Juli 1933 an. Während im folgenden Monat der größte Teil der anderen Fraktionen zur NSDAP übertrat, blieb Lydia Schlosser als KP-Mitglied zusammen mit der SPD in der Minderheit. In der Debatte um die Verleihung der Ehrenbürgerschaften an Hermann Göhring und Gauleiter Spaniol positionierte sie sich klar gegen die Verleihung, indem sie Göring als „Bluthund und Brandstifter“ bezeichnete, der diese Ehrenbürgerschaft nicht verdient habe.
Als Gegner der Rückgliederung des Saargebiets an Deutschland fürchtete die Familie Schlosser Verfolgung, weshalb sie im Jahr 1935 nach Frankreich emigrierte. Nach Beginn des Krieges zwischen Deutschland und Frankreich kam Lydia Schlosser mit ihren Töchtern Dora und Erna 1940 ins Lager Gurs, Heinrich mit dem Sohn Fritz ins Lager Roanne. Im März 1941 wurde die Familie aus Frankreich ausgewiesen. Bei der Einreise nach Deutschland wurden die Eltern verhaftet, die Kinder kamen zu Lydias Eltern nach Schwollen. Während Heinrich nur kurz in Saarbrücken inhaftiert wurde, wurde Lydia in Stuttgart zu 15 Monate Haft im Gefängnis Gotteszell in Schwäbisch Gmünd verurteilt.
Als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt, wurden Heinrich und Lydia Schlosser entschädigt. Die Anträge ihrer Kinder wurden dagegen größtenteils abgewiesen. Lydia Schlosser blieb auch nach 1945 politisch aktiv, indem sie sich in der örtlichen KP engagierte.
Bilder und weitere Informationen werden noch eingefügt.
