Wohnstätten jüdischer Familien in Ottweiler

In der Literatur zur Ottweiler Stadtgeschichte gibt es nur ganz wenige Mitteilungen über das Leben, ja sogar kaum Hinweise auf die bloße Existenz jüdischer Familien, die während einer Zeitspanne von rund 150 Jahren in unserer Stadt lebten. Entsprechend rar sind auch die Angaben zu den Wohnstätten dieser Ottweiler Juden. Erst die in den vergangenen Jahren belebte Erinnerungskultur an die jüdische Geschichte Ottweilers hat mit der Verlegung von Stolpersteinen den Blick auf jene Häuser gelenkt, die zur letzten Wohnstätte vor der Vertreibung, Flucht und Emigration, vor allem aber der Deportation und Ermordung der jüdischen Mitbürger unserer Stadt geworden waren. So konnten zumindest die Häuser unmittelbar vor der Auslöschung des jüdischen Lebens in Ottweiler ins Bewusstsein gelangen.

Die Geschichte der Ottweiler Juden beginnt jedoch bereits sehr viel früher. Wenngleich ein exaktes Datum dafür bisher nicht ermittelt werden konnte, so ist ihre Existenz in Ottweiler im ausgehenden 18. Jh. nachweisbar, als Fürst Ludwig von Nassau-Saarbrücken im Jahre 1779 den Aaron Weyler als Schutzjuden in Ottweiler aufnahm. Davon ausgehend durchsuchte ich die mir zugängliche Heimatliteratur nach Hinweisen auf weitere Juden und die von ihnen bewohnten Häuser. Für die Zeit vor 1779 konnte ich auf die »Ältesten Einwohnerverzeichnisse des ehemaligen Oberamtes Ottweiler«, die chronologisch geordnet von 1537 bis 1764 als Buch vorliegen, zurückgreifen. Sie ergaben jedoch nur an ihrem Ende im Jahre 1764 einen einzigen Hinweis auf jüdische Personen, der sich jedoch auf das Oberamt Saarbrücken und nicht auf das von Ottweiler bezieht. Für die Zeit nach 1779 erschloss sich allein die »Häuser- und Familienchronik der Stadt Ottweiler«, die im Jahre 1870 vom Verein für Geschichte und Altertum unter der Federführung von Johann Anton Joseph Hansen herausgegeben worden war, als eine ergiebige Quelle. Hansen hatte zu jedem einzelnen Anwesen neben der Flurbezeichnung und den Parzellenangaben auch die damaligen Hauseigentümer mit ihren Namen, oft auch mit ihrem Beruf benannt. Zusätzlich stellte er jedem Namen auch die Angabe der Konfession voran, abgekürzt als »E« für evangelisch, »K« für katholisch, »EK« für gemischte Ehen mit evangelischem Vater, »KE« für solche mit katholischem Vater und schließlich auch ein »I« für israelitisch. Eine Durchsicht dieser Chronik hatte dann zu einer Auflistung von 16 Häusern geführt, die etwa zur Mitte des 19. Jh. von jüdischen Familien zum Teil schon recht lange bewohnt waren. Die meisten dieser Häuser waren in napoleonischer Zeit bei der Dömanenversteigerung des Jahres 1803 in den Besitz jüdischer Familien gekommen. Außer in der Chronik Hansens fanden sich - mit Ausnahme eines Bildbandes über Ottweiler mit einigen Bilddokumenten - keine konkreten Hinweise auf jüdische Wohnstätten in unserer Stadt.

Erst die umfangreichen Recherchen, die bei der Aufarbeitung der jüdischen Geschichte Ottweilers in den vergangenen Jahren insbesondere von Hans-Joachim Hoffmann geleistet wurde, erbrachten weiterer jüdischer Wohnstätten, vor allem durch die Auswertung von Meldekarten des Ottweiler Standesamtes und weiterer Unterlagen des Stadtarchivs aus der ersten Hälfte des 20. Jh. Diese »amtlich bescheinigten« Wohnorte ergaben zusammen mit denjenigen aus Hansens Chronik nunmehr 26 jüdischen Wohnstätten, in denen Juden dauerhaft wohnten. Nicht berücksichtigt wurden Wohnungen, in denen jüdische Mitbürger nur kurzzeitig lebten. Im ersten Teil dieser Dokumentation wurden zunächst die 16 Wohnstätten nach der Chronik Hansens behandelt. In einem in späterer Zeit  vorgesehenen zweiten Teil werden die anderen Wohnstätten folgen.

Wider das Vergessen

Das Leben deutscher Juden in Ottweiler wurde gewaltsam und ohne Gnade von Deutschen ausgerottet. Mit diesem Erbe müssen auch wir Nachgeborenen leben und umgehen. Hätte es die menschenverachtende Ideologie des Nationalsozialismus mit dem ihm innewohnenden  Rassenwahn, der sich zum Hass gegen alles Jüdische auswuchs, nie gegeben, würden jüdische Familien noch heute unter uns leben, wäre das Judentum heute in noch stärkerem Maße selbstverständlicher Bestandteil unseres Gemeinwesens, als es dies vor seiner Vernichtung bereits war. So aber wird die  Ausrottung des Judentums in unserer Stadt als Teil unseres Erbes immer auch Teil unserer Zukunft sein. Damit dieses Erbe nicht der Vergessenheit preisgegeben wird, pflegen wir die Erinnerungskultur an das jüdische Leben in Ottweiler. Die bereits in der Stadt verlegten Stolpersteine geben den Opfern von damals ihre Namen zurück und verbinden diese Namen mit ihren letzten frei gewählten Wohnstätten. Die Wohnstätten der Opfer und ihrer Vorfahren in Ottweiler zeigen auf, wo konkret sie gelebt haben. Ihre Häuser werden benannt, erklärt und bildlich dargestellt, um sie vor dem Vergessen zu bewahren. Das ist Sinn und Zweck dieser Dokumentation. Sie soll als weiterer kleiner Baustein der jüdischen Erinnerungskultur in meiner Heimatstadt dienen und damit wider das Vergessen wirken.

Ottweiler, im Sommer 2015

Hans Werner Büchel

Der 27. Januar ist seit 1996 in Deutschland der »Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus«. Dieser Tag und dieser Monat wurden nicht zufällig gewählt. Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, das Symbol für den Holocaust, befreit.

Der damalige Bundespräsident Roman Herzog führte in der Proklamation des Gedenktages aus:

„Die Erinnerung darf nicht enden; sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen. Es ist deshalb wichtig, nun eine Form des Erinnerns zu finden, die in die Zukunft wirkt. Sie soll Trauer über Leid und Verlust ausdrücken, dem Gedenken an die Opfer gewidmet sein und jeder Gefahr der Wiederholung entgegenwirken.“

Der 27. Januar ist ein bundesweiter, gesetzlich verankerter Gedenktag. An diesem Tag werden die Flaggen aller öffentlichen Gebäude in Deutschland auf Halbmast gesetzt.

Einblick in die frühere Besiedlung Ottweilers

Es macht Sinn, sich zunächst einen Überblick darüber zu verschaffen, wie die Besiedlung Ottweilers vor der jüdischen Zeit ausgesehen hat. Anhand der Auswertung der Hansenschen Chronik lassen sich die einzelnen Häuser aus der Ottweiler Grafen- und Fürstenzeit sehr gut bestimmen und man erhält auf der Grundlage von zeitgenössischen Plänen der Stadt eine gute Vorstellung von der Besiedlung.

Die linke Karte zeigt die nach der Häuser- und Familienchronik rekonstruierte Bebauung, wie sie sich um das Jahr 1750 während der Fürstenzeit in Ottweiler darstellte. Wir erkennen im Zentrum den alten, von einer soliden Stadtmauer umgrenzten Stadtkern, von dem nach Norden die Linxweiler Vorstadt (heute Goethestraße) hinausführt und an den sich südlich die Neumünsterer Vorstadt (heute Wilhelm-Heinrich-Straße) anschließt.

In der rechten Karte wurde die Bebauung von 1750 auf eine weitere Karte projiziert, die uns die Häuser der Stadt rund einhundert Jahre später, 1847/49, zeigt. Zusätzlich markiert wurden die Lage des mittlerweile schon abgetragenen Schlosses (roter Rahmen) und die vormaligen herrschaftlichen Gebäude (braun) in der Stadt. Man erkennt, dass sich die Bebauung Ottweilers rasant ausgeweitet hatte. Die Zahl der Häuser hatte sich in dieser Zeit, berücksichtigt man die auf der Karte nicht sichtbaren Stadtteile Neumünster und Ziegelhütte, fast verdoppelt.

Auf der ersten Karte fällt die einsame Lage des fürstlichen Pavillons am Bliesbogen ins Auge. Um ihn herum breitete sich der große herrschaftliche Garten aus, an den heute noch der Name »Herrengartenstraße« erinnert. Dieser Garten gehörte wie aller Besitz der Fürsten in Ottweiler zu den Domänen, die während der Herrschaft Napoleons I. zu Beginn des 19. Jahrhunderts vom französischen Staat eingezogen wurden.

Die Domänenversteigerungen

Im Jahre 1793 war Fürst Ludwig als letzter nassauischer Herrscher in Ottweiler vor den französischen Revolutionstruppen geflohen. Mit der folgenden Verwaltungseinteilung nach französischem Vorbild in Departements, Arrondissements und Kantone wurde auch die frühere Ottweiler Grafschaft nun Teil des neuen Saardepartements mit dem Regierungssitz in Trier. Ottweiler wurde Hauptort des gleichnamigen Kantons. Durch den Frieden von Lunéville (1801) und nach dem Reichs-deputationshauptschluss (1803) wurden im Rahmen der nun einsetzenden Säkularisation einerseits die kirchlichen Güter durch den französischen Staat eingezogen und durch die Mediatisierung (»Mittelbarmachung«) andererseits die weltlichen Herrschaften neu geordnet. Von diesen Maßnahmen waren auch die Domänen im neuen Kanton Ottweiler betroffen. Statt der bisherigen Zeitrechnung galt fortan der 1792 unter Napoleon eingeführte Revolutionskalender. Die heute eigenartig anmutenden Datumsangaben dieses Kalenders fallen sofort auf, wenn in der Häuser- und Familienchronik Hansens von den Häusern die Rede ist, die ab dem Jahre 1803 während der Domänenversteigerung in Trier auch von jüdischen Mitbürgern erworben wurden. So lesen wir beim Haus Nr. 217, 217a und 218 in der »Straße Schloßplatz« die folgenden Anmerkungen Hansens: »Bei der Domänenversteigerung am 9. Thermidor des Jahres XI (28. Juli 1803) zu Trier erstanden Aaron Weiler und Aaron Albert das ganze Gebäude für den Preis von 2500 Frcs«. Bei diesem Haus handelt es sich um die Gebäude an der Südwestseite des Schlossplatzes (heutige Ringbebauung), in dem die jüdische Gemeinde wenige Jahre später ihre Elementarschule und 1842 dann ihr Gotteshaus, die Synagoge, einrichteten. Das Haus war während der Feudalzeit die Kanzlei des gräflichen bzw. fürstlichen Oberamtmannes in Ottweiler gewesen.

Auch die Verwertung des großen herrschaftlichen Gartens mit dem Pavillon steht in Zusammenhang mit Aktivitäten eines jüdischen Geschäftsmanns. Im Zusammenhang mit der Gastwirtschaften »Zur Sonne« und »Zum Monde« finden wir bei Hansen den Hinweis, dass dieses Haus vom Sonnenwirt erstanden wurde, »als der Jude Jacob Cerf Worms aus Saarlouis, welchem das fürstliche Pavillon mit dem Herrengarten u.s.w. gegen eine Taxe von der französischen Regierung abgetreten worden war, im März 1804 den parcellirten Herrengarten versteigern ließ«.

  • Herrengarten

Kartenausschnitt von 1847/49 mit den Resten der Parzellenbegrenzungen (grüne Markierung)

Jacob Cerf Worms war kein Bürger von Ottweiler, sondern lebte in Saarlouis und war Staatsgläubiger der französischen Regierung. Ihm gegenüber hatte der französische Staat wegen Lieferungen an die Armee Napoleons noch Zahlungsver-pflichtungen, Frankreich stand also bei ihm in Schuld. Statt der Zahlung in Geld überließen ihm die Franzosen gegen eine Gebühr bestimmte Güter aus der Domäneneinziehung, so auch den oben erwähnten Herrengarten mit dem Pavillon in Ottweiler. Diese von ihm neu zugeschnittenen Grundstücke verkaufte Zerf Worms dann an kauf- oder bauwillige Interessenten. Auf diese Weise kam auch die kath. Pfarrei in den Besitz zweier Parzellen zur Anlage eines Gartens. 1832-34 erbaute sie dann auf diesem Grundstück die neue Kirche und das kath. Schulhaus, das später zum Pfarrhaus wurde. In dem oben abgebildeten Kartenausschnitt von 1847/49 sind die Reste dieser Parzellenbegrenzungen im ehemaligen herrschaftlichen Garten grün markiert. Sie zeigen aber wohl nicht mehr die von Jacob Zerf Worms durchgeführte Originalparzellierung, da zwischenzeitlich schon vielfach Grundtücke zusammengelegt oder weiterverkauft worden waren. Gut zu erkennen ist, dass bereits wenige Jahrzehnte nach der Domänenversteigerung der frühere herrschaftliche Garten sehr intensiv bebaut war. Sein ursprünglicher Besitzer hatte dafür die Grundlage gelegt und sicher gut bei diesen Geschäften verdient. Jacob Zerf Worms darf daher dem Kreis der wohlhabenderen Juden seiner Zeit zugerechnet werden. Sein Name steht auch im Zusammenhang mit dem 1755 angelegten jüdischen Friedhof in Dillingen-Diefflen, der mit etwa 470 Grabsteinen heute der größte jüdische Friedhof des Saarlandes ist. Zusammen mit den Saarlouiser Juden Hayem Worms (Vater, Bruder?) und Elias Reutlinger hatte Zerf Worms die Initiative zur Errichtung des Friedhofs ergriffen und zahlte mit den beiden anderen fortan einen jährlichen Zins von 25 lothringischen Franken an den neuen Besitzer der früheren Herrschaft Dillingen.

So ähnlich wie beim Herrengarten wurde auch bei der Verwertung derjenigen Häuser am Schloss-platz und am Viehhof verfahren, die früher im Dienste der Herrschaft gestanden hatten. Diese Häuser hatte der in Saarbrücken ansässige Handelsmann Elias May bei der Versteigerung der Domänen in Trier erstanden und an Ottweiler Bürger, darunter auch jüdische, weiter veräußert. Auf dem Schlossplatz war dies die Häuserzeile an der nordöstlichen Seite mit dem früheren Marstall und Fruchtspeicher (heute Eisdiele und Gasthaus »Nassauer«) und auf dem Viehhof (heute Weylplatz) alle jene Häuser, in denen die Tierhaltung der herrschaftlichen Hofhaltung untergebracht war.

  • Häuser der Domänenversteigerung

Am 20. März 1813 wurden noch zwei Häuser im oberen Bereich des Gäßlings versteigert (siehe grün gerahmte Nebenkarte oben). In diesem Jahr endeten die Domänenversteigerungen in Trier. In dem 1991 von Wolfgang Schieder herausgegebenen Werk »Säkularisation und Mediatisierung in den vier rheinischen Departements 1803-1813« sind alle einzelnen Versteigerungsvorgänge im damaligen Kanton und in der Stadt Ottweiler enthalten. Erst die Auswertung dieser Angaben könnte eine genaue Übersicht der in Ottweiler betroffenen Grundstücke und Häuser erbringen. Während der Zeit nach der französischen Revolution waren eine Reihe jüdischer Familien nach Ottweiler gekommen, um sich dauerhaft in unserer Stadt niederzulassen. Sie hatten ohne Zweifel von der toleranten Politik  Napoleons profitiert, der keine Unterschiede in den Religionen zuließ. Zusammen mit den bereits hier ansässigen jüdischen Familien markierten diese Neubürger zu Beginn des 19. Jahrhundert den eigentlichen Anfang der jüdischen Gemeinde in der Stadt Ottweiler.

Jüdische Wohnstätten im 19. Jahrhundert

Von den Herausgebern des im Jahre 1980 erschienenen Faksimiledruckes der Häuser- und Familienchronik wurde eine auf der Grundlage der Flurkarten des preußischen Urkatasters von 1847/49 erstellte topografische Karte verlegt, die den Gebäudebestand und die Parzellen um 1870 enthält. In den nachfolgend wiedergegebenen Ausschnitt dieser Karte wurden die aus dieser Zeit bekannten Anwesen jüdischen Familien rot markiert. Die Zahlen entsprechen der Nummerierung in den nachfolgenden Erläuterungen zu den einzelnen Anwesen und sind dort ebenfalls in roter Farbe kenntlich gemacht.

  • Flurkarte 1870 - Kopie

Dem Verzeichnis der Anwesen in der »Häuser- und Familienchronik der Stadt Ottweiler« liegt eine Nummerierung zugrunde, die sich aus einem fiktiven Rundgang durch die Stadt ergibt. Dieser Rundgang beginnt mit dem Gebäude »No. 1«, der als »Leydorfs Mühle« bekannten ehemaligen Ölmühle, die sich am Anfang der heutigen Gutenbergstraße befand, einer Stelle, die noch heute in Ottweiler »Miehlsche« (Mühlchen) genannt wird. Er führt dann straßenweise weiter durch die ganze damals bebaute Ortslage, wobei zunächst die eine Seite einer Straße auf dem Hinweg und die andere auf dem Rückweg erfasst werden; er endet mit der »No. 359« bei einem Haus in der Ziegelhütte.

Zu jedem Haus ist in einer Kopfzeile die originale Angabe aus der Chronik, wenn bekannt das Erbauungsjahr des Hauses und immer auch die Angabe der heutigen Straße und Hausnummer enthalten. Dazu ist der Name der dort wohnenden jüdischen Familie angegeben.

Den folgenden Angaben zu den einzelnen Häusern sind weitere Hinweise und nähere Erläuterungen zu den jüdischen Familien oder Einzelpersonen zugeordnet, die sich aus der Häuser- und Familienchronik, die oft auch genaue Angaben zu Kaufdatum und -preis enthält, ergeben. Wo es sinnvoll erscheint, werden Passagen aus der Chronik zitiert, die in fetter Kursivschrift und in orangeroter Farbe wiedergegeben werden. Ergänzt wird jede einzelne Hausbeschreibung schließlich durch ein aktuelles Foto des Anwesens aus dem Jahre 2015.

Auf der folgenden Luftaufnahme des Jahres 1935 sind alle Wohnstätten jüdischer Familien, die in dieser Dokumentation beschrieben sind, abgebildet und mit der entsprechenden Nummer markiert.

  • Ottweiler 1935


Dieses Haus ist ein Stadtpalais, das Fürst Wilhelm Heinrich ursprünglich als Witwensitz für seine Gemahlin erbauen ließ, weshalb es bisweilen auch den Namen Witwenpalais trägt. Man erkennt das Anwesen als mittleren, in Sandstein erhaltenen Teil des heutigen Landratsamtes.

Das Bild zeigt die Fassade des Stadtpalais mit den beiden später angebauten Flügeln. Heute befindet sich in dem Gebäude das Landratsamt.

An der Stelle dieses Hauses stand zuerst ein kleineres, dem Metzger Johannes Kiefer gehörendes Haus, das gemäß Inventar vom 19. März 1749 an dessen Sohn Nicolaus Christian übergegangen war, der im Jahre 1757 starb. »Die Erben verkauften dasselbe samt dem dahinter liegenden Garten Nr. 642 um´s Jahr 1758 für 800 Gulden an die Herrschaft. (…)Bei der Versteigerung der nassauischen Domainen kam das Haus in Hände des letzten hiesigen nassauischen Oberamtmannes, nachmaligen französischen und späteren preußischen Friedenrichters und Rathes Johann Christian Hafner (…)« Dieser genannte Friedenrichter Hafner vermietete das Haus offenbar an drei Familien, darunter die des Juden Felix Coblenz. »In dem oben beschriebenen Hause wohnen (I) Herr Felix Coblenz, Rentner von hier, mit Familie« Felix Coblenz verzog 1870 nach Frankfurt. Er war der Vater von Oskar Coblenz, der während der NS-Zeit verfolgt wurde. Zur Familie Coblenz siehe Anmerkung unter Nr. 9.

Das hier erwähnte Haus gehörte zusammen mit einem weiteren daneben stehenden zur Ottweiler Porzellanmanufaktur, in der Fürst Wilhelm-Heinrich für kurze Zeit erlesenes Tafelgeschirr für seine Hofhaltung herstellen ließ. Ein Teil dieser Manufaktur stand an der Stelle, an der sich heute der Parkplatz direkt neben dem Landratsamt befindet.

Das Bild zeigt einen Blick durch die Toreinfahrt hinter das Landratsamt. In diesem hinteren, zum Berghang gelegenen Teil stand das Haus, das Abraham Buxbaum ersteigert hatte.

»Soweit es sich aus mündlichen Erzählungen ermitteln läßt, ist das Haus von der früheren fürstl. nassauischen Regierung in der Zeit von 1740 - 1760 gebaut worden. In den letzten Zeiten dieser Regierung diente es (…) zur Porzellanfabrik. Von dem französischen Staate als Domaine eingezogen, wurde es in Verbindung mit dem folgenden, dem Kreisthierarzt gehörigen Hause im Jahre 1807 versteigert. Laut Versteigerungsprotokoll vom 8. September 1807 erwarb der Gerber Heinrich Bach das hier fragliche Huas für den Preis von 1850 Franken oder 493 Thlr. 10 Sgr., und verkaufte es um´s Jahr 1820 an Notar Philipp Lautz. (…) Unter´m 20. August 1867 ging das ganze Haus mit allem Zubehör in einer öffentlichen Versteigerung für 4500 Thaler an Abraham Buxbaum über, welcher das Oeconomiegebäude zu einer Cigarrenfabrik einrichten ließ. (…) Der genannte Abraham Buxbaum ist seit 23. Juni 1868 mit Louise Jugenheim aus Zweibrücken (siehe Nr. 114) verheiratet«

 

Die Familie Kahn soll aus Frankreich eingewandert sein. In der Chronik wird sie als jüdische Priesterfamilie angegeben. Sie erwarb durch Kauf am 28. Februar 1824 vom Schreiner Johann Nicolaus Conrad für 375 Thaler zunächst den oberen Stock des Hauses und im Jahre 1833 für 500 Gulden den unteren Stock von Karl Zeiger. Offenbar lebten zwei Familien des Namens Kahn im Hause, da in der Chronik als Besitzer Aaron Kahn und die Witwe des David Kahn angegeben sind.

Das Bild zeigt die heutige Ansicht des Hauses in der alten Kirchhofstraße. Im rechten Teil (hellgrüner Anstrich) stand das Haus des Joseph Buxbaum.

Das heute hier stehende Haus ist nicht mehr das originale des 18. Jahrhunderts, sondern ein späterer Um- oder Neubau. Ursprünglich hatte hier der Häfner (d.h. Töpfer oder Ofenbauer) Johann Theobald Schmidt ein Haus als Hafnerbrennofen und Werkstatt errichtet. Der Kaufmann Joseph Buxbaum, dessen Familie aus Hottenbach stammt, hatte dieses Haus 1825 für 400 Thaler vom Vorbesitzer Friedrich Samuel Tschunky gekauft. Im Haus wohnte auch der Wein- und Spirituosenhändler Samuel Dreifus, dem Namen nach offenbar ebenfalls jüdischer Herkunft.

Ursprünglich gehörte der obere Teil des Hauses dem Johann Daniel Martin und der untere dem Gerber Leopold Presser. Diesen Presser´schen Teil erwarb Abraham Levy am 21. April 1846 für 1.800 Thaler. Zur Familie Levy wird in der Chronik ausgeführt: »Die hiesige Familie Levy (aus dem jüdischen Stamme dieses Namens) wanderte aus Bayern hier ein. Abraham Levy war Rabbiner in Schneitag (Anm.: Schnaitach bei Nürnberg) in Bayern; sein Sohn Jakob Levy war Rabbiner in Sulzberg bei Nürnberg«. Dessen Sohn Nathan war Schwiegersohn von Samuel Oppenheim, dem Rabbiner von Illingen, »zu dessen Rabbinate die Juden in nassau´schen, kerpen´schen und leyen´schen Landen gehörten«.

Das Foto zeigt das Haus am Rathausplatz vom Pauluseck aus gesehen.

Aus der Ehe von Nathan Levy mit Johanna Oppenheim  gingen die Kinder Samuel, Abraham und Katharina hervor. Der Sohn Samuel wurde israelitischer Lehrer in Ottweiler. Der hiesige Synagogenvorstand hatte am 17. Juni 1825 die Errichtung einer israelitischen Elementarschule beschlossen und berief nun Samuel Levy zu deren Leiter; ab 1829 übernahm er zusätzlich auch das Vorsängeramt in der Synagoge. An seinem 70. Geburtstag am 5. Mai 1875, zwei Tage nach dem Tod Anton Hansens, veranstaltete die Stadt Ottweiler aus Anlass seines 50. Dienstjubiläums eine Jubiläumsfeier. Samuel Levys Sohn Bernhard absolvierte eine medizinische Laufbahn. Dr. med. Bernhard Levy wurde »Stabs- und Distriktsarzt, Ritter des eisernen Kreuzes am weißen Bande (augenärztlicher Specialist)«. so die Angaben in der Chronik. Die Tochter Katharina von Samuel Levy heiratete den oben unter 3. angegebenen Joseph Buxbaum.

Das Haus von Israel Weiler gehörte zu der Häuserzeile, die beim Bau der Verbindung von der Sammetgasse zum Alten Weiher abgetragen werden musste; eine historische Aufnahme zeigt noch seine Rückansicht. Es war Anfang des 18. Jh. neu gebaut worden und rund hundert Jahre später, am 11. Januar 1801 vom Handelsmann Jakob Weiler, dem Vater von Israel Weiler erworben worden.

Das obere Foto zeigt die heutige Ansicht der Stelle, an der das Haus des Israel Weiler stand. Auf der historischen Aufnahme ist das Haus an der Tor-durchfahrt gut zu erkennen.


Dieses Haus hat insofern eine besondere Bedeutung, als darin im 18. Jh. der herrschaftliche Amtskeller Carl Friedrich Leonhard Schmalwasser gewohnt hatte und am 26. Oktober 1740 auch gestorben war. Sein am 15. Juli 1739 geborener Sohn, der Kaufmann Johann Christian Heinrich Schmalwasser wurde Namensgeber der heutigen »Schmalwasserstraße«. Dieser war in Wien zu ansehnlichem Vermögen gekommen und hatte im hohen Alter testamentarisch verfügt, dass jährlich ein Teil seines Vermögens einerseits der Unterstützung von » Dürftigen Ottweilers teutsch geborenen Hausarmen« zukommt, des weiteren arme Kinder den Schulunterricht besuchen konnten und schließlich noch »ein in Ottweiler geborener Knabe«  ein Stipendium von jährlich 300 Gulden erhalten solle, um »die Großhandlung und andere Wissenschaften zu studieren«. Diese letztwillige Verfügung wurde später in Ottweiler als »Schmalwasser-Stiftung« bekannt. Das Haus in der damaligen Wedtgasse, in dem sich in früheren Zeiten auch die Lateinschule befunden hatte, ging am 5. Februar 1784 durch Kauf zum Preis von 1.100 Gulden auf Zacharias Weiler über, der es an seine Söhne Salomon und Jakob Weiler, sowie an die Tochter (Anm.: Name nicht erwähnt) vererbte. Diese Tochter war die Ehefrau von Bonnevit (Bernhard) Coblenz, der bei Herausgabe der Chronik bereits verstorben war.


Die Fotos zeigen das Haus, wie es sich heute von der Schmalwasserstraße (oben) und von der Tenschstraße aus gesehen, darstellt.


Der Name Pfarrgasse wird in der Chronik nur für dieses eine Haus erwähnt. Es stand  aber schon damals in einer Häuserzeile der Sammetgasse, nahe an der Ecke zur Tenschstraße. Das ursprünglich sehr alte Gebäude selbst besteht heute nicht mehr. Eine Hälfte war am 11. Juni 1789 durch Kauf in den Besitz von Marum Weiler gekommen, der es an seinen Sohn Isaak Weiler und dieser wiederum an seinen Sohn Herz Weiler weitergab.

Das alte Haus wurde abgerissen; hier steht nun ein neuzeitliches Wohnhaus. Auf dem stadtseitigen Teil (im Bild rechts) stand das Haus des Herz Weiler.

Bei diesem Haus handelt es sich um das von der damaligen Herrschaft für ihren Amtmann in Ottweiler errichtete repräsentative Gebäude, das als sogenanntes »Hesse-Haus« heute zu den Vorzeigeobjekten der Ottweiler Altstadt gehört. Aaron Albert war mit seiner Familie von Illingen nach Ottweiler gezogen. Die Chronik erklärt auch, warum. Ihm sei der dortige Wohnort »wegen eines Raubanfalls des bekannten, zu Mainz hingerichteten Schinderhannes und seiner Bande zuwider geworden«. Am 28. Juli 1803 erstand er das Haus bei der Versteigerung der Nationalgüter in Trier für 3.000 Franken. Nach seinem Tod im Jahre 1828 ging es an seine Söhne Simon und Israel Albert über. Israel überbaute den westlichen Gebäudeteil. Nach seinem Tod übernahm sein Sohn Aaron Albert den väterlichen Hausanteil für 3.000 Thaler. Dieser Aaron Albert hatte 9 Kinder, drei davon, Simon, Israel und Judas werden in der Genealogie der Chronik weitergeführt. Dabei wird erwähnt, dass Simon Albert im Winter 1871 gestorben war und dessen Sohn Moritz Albert, von Beruf Lederhändler, danach den Teil seines Vaters am »Amtshaus« bewohnte.

Das obere Bild zeigt die heute gewohnte Ansicht des »Hesse-Haus«. Die im hinteren Bereich stehenden Nebengebäude sind auf dem unteren, vom Bergfried aufgenommenen Foto gut zu erkennen. Hinter dem Baum befindet sich das Haupthaus, an das im Winkel das Hinterhaus angebaut wurde.


Das Haus wurde in den Jahren 1733 und 1734 gebaut und war bis zum Jahre 1766 in den Besitz der Landesherrschaft als Dienstwohnung für den Oberjäger übergegangen. »Unter französischer Herrschaft wurde dasselbe als National-Eigenthum versteigert und mit Hof, Stall und Zubehör, nebst dem Hause, benannt „die Hofschmiede“ am 9. Thermidor des Jahres XI der französischen Republik (28. Juli 1803) an Jakob Coblenz für den Preis von 5100 Francs zugeschlagen«.

Das Foto zeigt das stattliche Gebäude am Beginn der Goethestraße.

Jakob Coblenz war am 25. Dezember 1774 in Bliesbrücken geboren worden und mit  Charlotte Weiler aus Ottweiler verheiratet. Nach seinem Tod am 11. Dezember 1870 erwarb sein Bruder Emmanuel das Haus ohne die Nebengebäude für 2.600 Thaler. Von Bliesbrücken aus waren mehrere Brüder der Familie Coblenz*) in die Stadt und Gegend von Ottweiler gekommen, nämlich Jakob, Bonnevit (Bernhard), Gerschum, Emmanuel und Marum Coblenz. Aus der Genealogie geht hervor, dass außer Emmanuel alle weiteren Kinder von Gerschum Coblenz nach St. Louis bzw. Baltimore ausgewandert waren.

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*) In der im Februar 2015 herausgegebenen Dokumentation »Der jüdische Friedhof Ottweiler« (Autor: Hans-Joachim Hoffmann) finden sich  im Abschnitt »Grabmale bedeutender Familien« ausführliche Darstellungen zur Geschichte und zum Schicksal der Familie Coblenz.

Beim Metzger Emmanuel Coblenz handelt es sich um den Sohn von Gerschum Coblenz, der nicht nach Nordamerika ausgewandert war. Er erwarb das untere Stockwerk des Hauses. Ein genaues Datum dafür ist nicht vorhanden, doch dürfte der Kauf in den 1830er bis 1850er Jahren liegen.

Das Bild zeigt das heutige Haus in der unteren Goethestraße.


»Der Erbauer und der Zeitpunkt der Erbauung dieses Hauses ist nicht bekannt. Jedoch dürfte letzterer nicht vor das Jahr 1700 fallen«, so heißt es in der Chronik zu diesem Gebäude, in dem sich heute das Saarländische Schulmuseum in der Goethestraße befindet. In den 1820er Jahren war das Haus an den ältesten Sohn von Jakob Coblenz, den Handelsmann Daniel Coblenz gekommen, der von Ottweiler zunächst nach Trier und von dort nach Paris zog, wo er als Bankier im Jahre 1869 starb.

Das Bild zeigt das heute sehr schön gestaltete Haus mit dem Saarländischen Schulmuseum von der Goethestraße aus gesehen.

Danach ging das Haus an den Bierbrauer Conrad Presser, dann an dessen Schwiegersohn Dr. med. Heinrich Zimmermann und nach dessen Tod 1857 schließlich an den Weinhändler Israel Albert jun., der ein Enkel des unter Nr. 8 aufgeführten Israel Albert sen. ist.

In der Chronik heißt es: »Dieses Haus scheint schon im 16. Jahrhundert erbaut zu sein, wenn auch die äußere Form im Laufe der Zeit mehrfach verändert worden ist«. Als ältester Eigentümer wird Hans Jakob Sauer erwähnt, der sich 1648 in Ottweiler niedergelassen hatte. Im 18. Jh. wurde das Haus in vier Teile aufgeteilt, wobei der Metzger Wilhelm Kahn ein Viertel erworben hatte. Die Chronik vermerkt, dass er im Jahre 1870 nach St. Wendel verzogen sei und »sein Haus an den Buchdrucker Sebastian Koch« vermietet habe. Von dem ursprünglichen Haus ist nichts mehr vorhanden.

An der Stelle des alten Hauses steht heute ein neuzeitliches Wohn und Geschäftshaus.


 »Dieses Haus bildete einen Theil des gräflichen Marstalls, dessen Schicksal bei No. 203 mitgetheilt worden ist«, so heißt es in der Chronik zu diesem Gebäude. Unter der erwähnten Nr. 203 finden wir die Mitteilung, dass der Zeitpunkt der Erbauung dieses Marstalls, in dessen oberen Stockwerken der Fruchtspeicher untergebracht war, unbekannt sei und dass der ganze Komplex im 18. Jh. längere Zeit ohne Dach gewesen sei. Aus einer Rechnung des Grafen Friedrich Ludwig geht jedoch hervor, dass 1722 an einem bereits vorhandenen Gebäude umfangreiche An- und Ausbauten erfolgten, die zur heute noch sichtbaren Form führten.

Die linke Aufnahme zeigt das Haus im Komplex des früheren Marstalls, die rechte die Ansicht von der Ebene des Schlosshofs aus.

Besitzer dieses Hauses war im 19. Jh. der damalige königliche Kreisphysikus Dr. Joseph Herrmann. Nach dessen Tod am 20. Mai 1871 ließen seine Witwe und die Kinder das Haus versteigern. Es ging am 30. August 1871 für 4.500 Thaler an den »Handelsmanne Heinrich Michels aus Gonnesweiler im Fürstenthum Birkenfeld«.

Der Eintrag der Chronik zu diesen Gebäuden beginnt wie folgt: »Dieses Haus ist ums Jahr 1708 neu erbaut worden und war früher die Kanzlei des gräflichen, resp. fürstlichen Oberamtmannes, diente auch zu diesem Zwecke bis zur Einziehung und zum Verkaufe durch die Franzosen«. Bei diesem Verkaufsvorgang handelt es sich um die Domänenversteigerung am 28. Juli 1803 in Trier, bei der das gesamte Gebäude von Aaron Weiler und Aaron Albert für 2.500 Francs erstanden wurde, die somit zu den beiden ersten bürgerlichen Besitzern wurden. Sie veräußerten das Anwesen in zwölf Teilen weiter. Zwei Zwölftel verkauften sie für 500 Francs an Christian Philipp Houy, die verbliebenen zehn Zwölftel an Leo Cahn, Jonathan Cahn, Simon Levy, Abraham Albert, Marum Weiler, Zacharias Weiler, Jakob Weiler, Salomon Cahn, Jakob Coblenz und Gerson Coblenz für 550 Francs. Der Verkauf erfolgte unter der Bedingung, dass keiner seinen Anteil verkaufen dürfe, da das Haus zu einer gemeinschaftlichen Synagoge bestimmt sei.

  • 25. Mai 2015 (27)
  • 25. Mai 2015 (30)
  • Ringbebauung
  • Synagoge Ottweiler (5) - Kopie
  • Synagoge Ottweiler (15) - Kopie

Auf den drei Bildern ist die neu entstandene Ringbebauung aus verschiedenen Blickwinkeln zu sehen. Das dreistöckige Gebäude steht fast genau an der Stelle der ehemaligen Synagoge. Die beiden schwarz-weißen Aufnahmen sind historische Fotos aus dem frühen 20. Jh.

Diese Synagoge der jüdischen Gemeinde wurde dann im Jahre 1840 hergestellt. Fast hundert Jahre später fiel sie während der NS-Diktatur dem Pogrom gegen die jüdischen Bewohner in Ottweiler zum Opfer. In der in ganz Nazi-Deutschland durchgeführten Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge herausgerissen und auf dem Schlossplatz öffentlich verbrannt. Wenig später wurde sie ganz zerstört; eine Aufnahme von 1940 zeigt nur noch die stehen gebliebenen Außenmauern.

Das gesamte Gebäudeensemble, in dem sich die Synagoge befand, wurde zu Beginn der offiziellen Sanierung der Ottweiler Altstadt in den 1960er Jahren abgetragen. Die so entstandene überdimensionierte Erweiterung des Schlossplatzes wurde in den 1990er Jahren mit einer neuen Ringbebauung auf ein städtebaulich vertretbares Maß wieder zurückgeführt. Im Inneren dieser Bebauung entstand der Fornaro-Hof, in dem seit 1988 ein Gedenkstein an die Synagoge erinnert.

Das Gebäude hatte aber nicht nur als Gotteshaus, sondern auch als pädagogische Einrichtung eine große Bedeutung für die jüdische Gemeinde in Ottweiler erlangt. Seit 1825 war darin die jüdische Elementarschule und auch die Wohnung ihres langjährigen Leiters Samuel Levy untergebracht.

Die Entstehung dieses Hauses steht in direktem Zusammenhang mit der des folgenden. Beide Grundstücke wurden als Teile des herrschaftlichen Gartens im Jahre 1804 im Zuge der Domänenversteigerung in Trier veräußert. Sie kamen in den Besitz von Philipp Jacob Villie. Nach mehreren Weiterverkäufen erwarb Judas Albert die Grundstücke mit den darauf kurz zuvor bereits errichteten Gebäuden. Das in der Chronik als Haus Nr. 249 bezeichnete Gebäude ging an seinen Sohn Israel Albert über, der aber zuletzt offenbar nicht mehr dort wohnte, denn in der Chronik heißt es: »Jetzt wird es von der Witwe des Judas Albert bewohnt«.

Das Foto zeigt die heutige Ansicht des Hauses, das direkt an das katholische Pfarramt angebaut ist.


Zu diesem Haus in der heutigen Wilhelm-Heinrich-Straße teilt uns der Verfasser der Chronik in ehrfürchtig klingenden Worten die ausführlichste Personenbeschreibung des gesamten Werkes mit.

Das Bild zeigt das Anwesen mit dem Durchgang im rechten Teil in seiner heutigen Form zwischen den Geschäften Bäckerei Thilmany und Rena Brautmoden in der Wilhelm-Heinrich-Straße.

Das Haus selbst wurde im Jahre 1822 an der Stelle des früheren sogenannten »herrschaftlichen Vogelhauses« errichtet. Es war danach zunächst in den Besitz von Judas Albert gekommen, der es schließlich im Jahre 1862 für 1.900 Thaler an Dr. Bernhard Levy weiterverkaufte. Der im Jahre 1831 geborene Bernhard (Bezalael) Levy wurde ein hoch angesehener und bekannter Augenarzt, dem später der Titel Sanitätsrat verliehen wurde. Nach seinem Tod wurde er auf dem jüdischen Friedhof in Ottweiler beigesetzt. Die Inschrift seines gut erhaltenen Grabsteins ist schlicht: »Hier ruht Sanitätsrat Dr. Levy. geb. 13. Jan. 1831. gest. 17. April 1885«.

 

Bei diesem Haus handelt es sich um eine Wohnstätte des 18. Jahrhunderts

Bisweilen erschließen sich die in der Chronik enthaltenen Wohnstätten jüdischer Familien nicht auf den ersten Blick. So finden sich bei diesem Haus in der Sammetgasse die beiden Juden Abraham Israel und Abraham Jacob lediglich im Text zu den Erläuterungen dieses Anwesens. In der Chronik heißt es: »Wann und von wem dieses Haus erbaut worden, ist nicht ermittelt; doch mag die Erbauungszeit in die erste Hälfte des vorigen Jahrhunderts fallen. Ums Jahr 1730 wird es schon als zweites evangelisches Pfarrhaus aufgeführt und diente zu diesem Zwecke bis zu seinem Verkaufe. Unterm 12. Dez. 1781 wurde es dem Abraham Israel verkauft, kam sodann später und zwar ebenfalls durch Kauf vom 29. Juni 1814 auf Abraham Jacob«.

Zu beiden ist in der Chronik auch keine Konfessionsangabe »I« angegeben, allein die Namen lassen auf ihre jüdische Herkunft schließen.

Das Haus selbst ist vermutlich schon mehr als dreihundert Jahre alt. Aus der Geschichte der evangelischen Kirchengemeinde wissen wir, dass an seiner Stelle bereits früher ein Haus gestanden hatte, welches im Jahre 1666 verkauft wurde, später ganz zerfallen gewesen sei und dann wohl abgetragen wurde, um ein neues Gebäude als zweites evangelisches Pfarrhaus zu bauen. Der dann in diesem Haus wohnende zweite Stadtpfarrer Friedrich Ludwig Woytt klagte jedoch in einem Bericht aus dieser Zeit, dass die Wohnung feucht und ungesund sei und bat darum, dass für eine andere und gesundere Wohnung gesorgt werden möge. 

Wer der Jude Abraham Israel war, der dieses Haus 1781 erwarb und dann über dreißig Jahre in seinem Besitz hatte, und woher er stammte, geht aus der Chronik nicht hervor. Auch über den Abraham Jacob, der es im Jahre 1814 vom Vorbesitzer käuflich erwarb, ist nichts Näheres bekannt.

Das Haus in der Sammetgasse ist aber einer der seltenen Belege dafür, dass bereits während der Zeit des seit 1768 regierenden Fürsten Ludwig von Nassau-Saarbrücken (* 3. Januar 1745; † 2. März 1794)  und bereits vor der französischen Revolution jüdische Bürger in Ottweiler eingewandert waren, um sich in unserer Stadt niederzulassen.

Kapitel in Homepage eingepflegt am 14. März 2018 · hwb

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